Im jahrelangen Streit um illegale Abschalteinrichtungen bei Dieselfahrzeugen sorgt ein neuer Verdacht für Aufsehen: Die drei großen deutschen Automobilhersteller VW, BMW und Mercedes-Benz stehen unter dem Verdacht, sich bei der rechtlichen Vorgangsweise im Abgasskandal abgesprochen zu haben. Der österreichische Anwalt Michael Poduschka, der zahlreiche betroffene Fahrzeugbesitzer vertritt, hat deshalb eine Wettbewerbsbeschwerde bei der EU-Kommission eingereicht.
Konkret geht es um eine mutmaßlich strategische Verhinderung richtungsweisender Urteile des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). In einem aktuellen Verfahren hatte der Oberste Gerichtshof (OGH) Österreichs drei Fragen zur Klärung an den EuGH gestellt – unter anderem zur Zulässigkeit des vollständigen Leerens des Dieselpartikelfilters vor dem Abgastest. Doch kurz bevor der EuGH urteilen konnte, lenkte VW überraschend ein, zahlte Schadenersatz sowie Verfahrenskosten und beendete das Verfahren.
Was auf den ersten Blick wie ein Erfolg für den Kläger aussieht, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als Rückschlag für viele ähnliche Verfahren: Da durch die Beendigung keine Entscheidung des EuGH zustande kam, fehlt weiterhin eine generelle Rechtsklarheit – und alle unterbrochenen Verfahren müssen nun mühsam einzeln weiterverhandelt werden.
Laut Poduschka ist dies kein Einzelfall. Bereits im Jänner 2025 sollen auch BMW und Mercedes ihre Strategie geändert und einzelne Verfahren durch Vergleichszahlungen beendet haben – offenbar mit dem Ziel, ein höchstrichterliches Urteil auf EU-Ebene zu verhindern. Die Wettbewerbsbeschwerde an die EU-Kommission soll nun klären, ob zwischen den Herstellern eine wettbewerbswidrige Absprache zur gezielten Verfahrensverhinderung vorliegt.
Die Autokonzerne selbst äußern sich zu den Vorwürfen nur zurückhaltend oder gar nicht. Während VW und Mercedes anmerken, dass ihnen die Beschwerde bislang nicht vorliegt, betont BMW, man könne den Sachverhalt derzeit nicht kommentieren. Alle drei Hersteller halten die geltend gemachten Ansprüche weiterhin für unbegründet.
Ob die EU-Kommission tatsächlich ein formelles Verfahren einleitet, bleibt abzuwarten – doch der Fall könnte europaweit Signalwirkung haben und die juristische Aufarbeitung des Abgasskandals entscheidend beeinflussen.