Mit dem Aufstieg des Elektroautos, stellen sich auch neue Probleme. Kauf entscheidend ist nun neben dem Preis für die meisten KäuferInnen die Reichweite.
Hierzu haben wir das – unseres Wissens nach – erste Urteil im deutschsprachigen Raum erkämpft:
Der Sachverhalt:
Im noch nicht rechtskräftigen Ersturteil ist das Landesgericht Linz dem Sachverständigen gefolgt, wonach es keinen Mangel bei diesem e-Golf darstelle, wenn die Batteriekapazität und damit die Reichweite unterhalb von 10 Grad Plus bis unter 50% der Angaben herabfalle (der e-Golf hatte im Winter nur 110 km statt der angegebenen 230 km Reichweite). Der e-Golf sei eben ein “umgemodeltes Benzinfahrzeug” mit einer kleinen Batterie (35,8 kWh).
Aber: die Verkaufskraft, das heißt der Autohändlern, hat auf diesen Umstand nicht hingewiesen und KäuferInnen eines Elektroautos dürfen zwar nicht damit rechnen, dass das Fahrzeug von der Reichweite her in jedem Fall die angegebenen Kilometer erreicht, aber wenn ein Elektroauto in bestimmten – aber doch im Normalbetrieb vorkommenden Fällen – weniger als 50% der angegebenen Reichweite erreicht, muss das der Händler beim Verkauf nachgewiesenermaßen dazusagen.
Ich vergleiche es damit, dass wenn beim Verkauf eines Benzin betriebenen Fahrzeuges der Verbrauch mit 5,5 Liter angegeben ist, es wohl “durchgeht” , wenn das Auto auf der Straße tatsächlich 7 Liter verbraucht. Wenn es aber 12 Liter verbraucht, braucht sich der Käufer/die Käuferin das nicht gefallen lassen (außer der Händler hat beim Verkauf den Extremverbrauch extra erwähnt).
Wenn daher die tatsächliche Reichweite eines Elektroautos so weit von den Verkaufsangaben entfernt ist, dass die Kundschaft mit so geringen Reichweiten nicht wirklich rechnen kann, muss vom Händler, der den Verkauf durchführt, darauf hingewiesen werden. Wenn er das nicht macht, verursacht er bei seinem Vertragspartner, dem Autokäufer, einen Irrtum über die Reichweite des Fahrzeuges, der den Autokäufer zur Anfechtung des Vertrages berechtigt.
Eine ganz andere Frage ist jene, wie viel dem Käufer für die Nutzung des Fahrzeuges abgezogen wird (Nutzungsentgelt). Dies ist – zumindest in Österreich – strittig. Das deutsche Höchstgericht, der Bundesgerichtshof, stellt wie auch wir ausschließlich auf die gefahrenen Kilometer ab. In der Regel geht der Bundesgerichtshof davon aus, dass ein Fahrzeug 250.000 km hält. Wenn ein Autokäufer – wohl auch aufgrund der geringen Reichweite – nur 10.000 km gefahren ist, wird ihm dafür nur 1/25 des Kaufpreises als Nutzungsentgelt (rund EUR 1.800.— bei einem Kaufpreis von EUR 40.000.—) abgezogen. Die österreichische Rechtssprechung ist gespalten: der Oberste Gerichtshof (OGH) hat sich eher am Wert des Fahrzeuges zum Zeitpunkt des Prozesses orientiert und die Differenz zwischen Kaufpreis und Wert als “Nutzungsentgelt” (vernutzter Wert) als Richtwert genommen. Die neuere Rechtssprechung in Österreich sieht dies zurecht als falsch an und nehmen die Gerichte oft einen Mittelwert zwischen diesen beiden Positionen.
Neben diesem Verfahren vertreten wir auch eine größere Anzahl anderer MandantInnen, die mit der Reichweite ihres Elektroautos ganz und gar nicht zufrieden sind. Es handelt sich um unterschiedlichste Fahrzeugtypen, von MG, Volvo bis Citroen oder eben Volkswagen. Dabei ist meines Erachtens auch zu berücksichtigen, dass nicht bei allen Elektrofahrzeugen so extreme Abweichungen zwischen den Angaben im Datenblatt und im Internet und dem Realbetrieb auftreten. Bei älteren Elektroautos, wie eben dem e-Golf, rechne ich mit bei weitem größeren Abweichungen in punkto Reichweite.
Zum Abschluss möchte ich darauf hinweisen, dass die Kanzlei Poduschka Partner einen Tesla Model 3 Standard als Kanzleifahrzeug benutzt und auch wir Abweichungen zwischen Winter – und Sommerbetrieb hinsichtlich der Reichweite feststellen. Diese sind aber nicht so eklatant wie bei jenem e-Golf, hinsichtlich dessen wir den Prozess in Linz geführt haben und können durch eine entsprechende die Reichweite erhaltende Fahrweise ausgeglichen werden.